Blick zurück und nach vorn 40 Jahre Zucht sind ein Zeitraum, in dem ich die Abessinierzucht habe hierhin und dorthin gehen sehen, in der ich sie durch meine Tiere auch ein Stück weit mit beeinflusst habe und beeinflusse. Manches hat sich verändert seitdem im züchterischen Umgang miteinander. Vielfach regeln enge vertragliche Bindungen das züchterische Tun. Rückblickend erfüllt es mich mit Stolz und Freude, dass viele der typvollsten Tiere heute in ihren Vorfahrenlinien alle meine Katzen der 80er Jahre des vergangenen Jahrhunderts in sich tragen. Auch heutzutage ist es mir eine Ehre, wenn ein anderer Züchter eine Cellani Abessinier Katze in seine Zucht integrieren möchte oder einen Kater meiner Zucht für eine Verbindung mit einer seiner Katzen in Betracht zieht. Es gehört deshalb zu meiner Zuchtphilosophie, offen zu sein für die Pläne anderer Züchter, mit ihnen für die Rasse als Ganzes zu denken und mich mit ihnen zu freuen, wenn ein Tier meiner Zucht sie ihrem Ziel vielleicht ein Stück näher bringen konnte. Die Basis hierfür ist der Dialog, so wie ich ihn in meinen züchterischen Anfangszeiten kennen und schätzen lernen konnte im steten Austausch mit Rita Stockbauer ("Chopiniana's") und Gabriele Scheidig ("von Equiloc"), und zwar ein Dialog auf Augenhöhe, in dem alle Beteiligten gleichberechtigt Gebende und Nehmende sein dürfen, und wie ich ihn in der jüngsten Geschichte meiner Cattery erleben durfte mit den Züchterinnen der Catteries Nebuankhet, Vuola und Miragerie in Finnland, Goodnews in Schweden, du Vianey in Frankreich, on TarHeels, Casa al Amina und Chamatkaar in Deutschland und nicht zuletzt mit der Cattery Neverwinter in Johannesburg / Süd Afrika.
Es ist höchste Zeit, dass diese Form des Miteinander wieder Einzug hält in die Abessinierzucht.
Ist die traditionelle Abessinier in Gefahr? Als traditionelle Abessinier bezeichne ich jene, die seit Ende der Foundationzeit, die ich fast bis Ende der 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts ansiedle, reinerbig kurzhaarig gezüchtet werden ohne Somalivergangenheit in den Farben Wildfarben und Sorrel sowie Blau und Fawn und ohne Einkreuzung anderer Rassen. Seit geraumer Zeit finden sich zu meinem Leidwesen immer mehr Abessinier in der Zucht, die aus traditioneller Sicht unerwünschte Linien / Rassen in sich tragen. Das sind Tiere, unter deren Vorfahren sich zum einen Linien finden, in die zur Erlangung weiterer Farben, wie Chocolate, genetisches Rot und alle Tortievariationen, Fremdrassen eingekreuzt wurden. Und das sind Linien, in denen sich in jüngster Vergangenheit Somalis befinden. Im Gespräch begegne ich immer mehr Züchtern, es sind vermehrt jene, jedoch nicht nur, die am Anfang stehen, die diese Abkehr von der traditionellen Abessinier in keiner Weise zu irritieren oder gar zu stören scheint. Ausstellungserfolg und das einfache, schnelle Herankommen an Tiere für ihre Zucht stehen dabei, wie mir scheint, im Wesentlichen im Vordergrund, wenn wahllos diese und jene Linien eingekreuzt werden. Anfang der 80er Jahre, als die Somali gerade ihre Anerkennung erhalten hatte in der CFA (1979) und der FIFe (1981), war ich wie fraglos davon ausgegangen, dass sich deren Zucht immer am Bild der Abessinier orientieren und ausrichten würde. Das war und wäre auch für mich heute immer noch eine Selbstverständlichkeit. Das war aber nicht der Fall. Denn viele der Somalizüchter des Anfangs kamen gar nicht aus der Abessinierzucht, hatten also nicht eine elegante, hochbeinige Kurzhaarkatze vor dem inneren Auge, sondern sie züchteten, bevor sie mit der Somali begannen, andere sogenannte Halblanghaarrassen. Keine von diesen gleicht der Abessinier im Körperbau. So entwickelte sich die Zucht der Abessinier und Somali über einen Zeitraum von jetzt gut 40 Jahren komplett unabhängig voneinander.Gleichwohl wurden regelmäßig Abessinier in Somalilinien eingekreuzt zur Weiterentwicklung und Verbesserung der Somali. Sehr lange Zeit herrschte allgemeiner Konsens, das dies niemals vice versa zu geschehen hatte und geschah. Denn weder damals noch heute vermochte und vermag die Somali der Abessinier irgendetwas an Genen zu liefern, was diese nicht ohnehin schon hat bzw. hätte oder was sie dadurch standardgerechter machen, also verbessern würde.
Im Gegenteil! Vielfach zeigen Somalis einen weniger eleganten Typ als die Abessinier, beider Kopftyp gleicht sich nur in Ansätzen, und vor allem ist die Textur des Felles eine andere, bedingt durch das Gen für Langhaarigkeit. Und vielleicht muss das auch so sein. Somalis wurden und werden auf viel Fell gezüchtet. Es mag also durchaus sein, dass eine Somali mit einem dichten, reichen Fellwuchs auf abessinischen Ballerinenbeinen gar nicht mehr angemessen aussähe. Beide Rassen also weiterhin getrennt voneinander zu züchten, erscheint logisch und sachgerecht. Denn die Somali hat seit Anbeginn ihrer Zucht ein Aussehen erreicht, das sie zwar als der Abessinier ähnliche, aber eigenständige Rasse ausweist, die einzig einen ihrer Ursprünge in der Abessinier hat. Um das Jahr 2005 wurde dies auf einmal durch einzelne Züchter quasi aufgeweicht als Zuchtweg. Und es waren nicht Somalizüchter, von denen das ausging.
Seitdem wird dieser Trend unterstützt, der wegführt von der traditionellen Abessinier, leider durch Vereine und Dachorganisationen, die problemlos - auch gegen Verbandsstatuten - Stammbäume für bislang nicht anerkannte Farben ausstellen und die die Langhaar tragenden Linien / Abessinier nicht mehr eindeutig, teils gar nicht kennzeichnen. Ja mittlerweile ist es z.B. in dem Dachverband, dem ich selbst angehöre, der FIFe, gang und gäbe, Abessinier und Somalis per se als sister breeds anzusehen (wobei die deutsche Übersetzung allerdings nur von "verwandten Rassen spricht) und den Zuchtaustausch in beide Richtungen zu födern. Die Abessinier wird durch Einkreuzen von Somalis aber ganz sicher keinen Gewinn verzeichnen können. Für mich ist dies ein Rückwärtszüchten der Rasse Abessinier, einer Rasse, deren Kennzeichen Kurzhaarigkeit ist und die auf genau diese Kurzhaarigkeit selektiert wurde und wird seit Niederlegung des ersten Standards im Jahre 1889.Es ist ein Züchten ohne Geschichtsbewusstsein und ohne Respekt für die Arbeit und das Engagement der Züchter der Vergangenheit.
Nun mag der eine oder andere denken, dass sich dieses Problem heutzutage doch durch einen einfachen Gentest lösen lässt. Dem ist aber nicht so. Zwar kann man mit einem Gentest feststellen, ob ein Tier das Gen für Langhaar trägt, mit dieser Feststellung reduziert man aber in der Interpretation eine Rasse allein auf das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein eines einzigen Genes. Eine Rasse aber wird erst zu einer solchen durch das Zusammenspiel aller ihrer Gene. Und ich darf dem Interessierten an dieser Stelle das verraten und zu bedenken geben, was Ihnen jeder Züchter bestätigen wird, welcher neben reinen Abessiniern auch Somalis züchtet: Abessinier und Somalis sind nicht dieselbe Rasse lediglich in verschiedenen Haarlängen. Nicht nur sehen sie anders aus, nein, es verhalten sich z.B. Abessinier untereinander und zum Menschen durchaus anders als Somalis dies tun, und sie stellen in größeren Katzenverbänden mit beiden Rassen immer die "Chefs". Auch optisch unterscheiden sich beide Rassen in weit mehr Merkmalen als lediglich der Haarlänge, wie ich weiter oben ausführte.
Wenn nicht alle Abessinierzüchter miteinander und auch all jene, die ein Liebhabertier ohne Zucht- und Showambitionen adoptieren, an demselben Strang ziehen, um dieser Entwicklung eine deutliche Absage zu erteilen, wird es die traditionell kurzhaarige Abessinier in den klassichen Farben Wildfarben, Sorrel, Blau und Fawn so in naher Zukunft nicht mehr geben. |